Wein Tour 2020

“ Wer Wein trinkt, schläft gut, wer gut schläft, sündigt nicht, wer nicht sündigt, wird selig. Wer also Wein trinkt, wird selig.” Shakespeare
02. September 2020
by Hermine Steifensand

Die Urlaubsplanung für 2020 sieht dieses Jahr anders aus. 


Wir buchen keine langen Flüge, wünschen uns tropische Temperaturen oder exotische Früchte.

Nein- uns geht es aber dennoch um verschiedenste Geschmäcker.

Mineralisch, fruchtig, lieblich, herb. Manch einer schmeckt Apfel, Pfirsich oder auch Holz. So unterschiedlich die Geschmäcker, so unterschiedlich der Wein.


Deswegen macht es so Spaß.

Wein erzählt eine Geschichte, sein Trinker verblümt sie etwas, erzählt weiter, interpretiert neu. Ein bisschen wie in der Kunst. Jeder nach seiner Fasson. 


Von Berlin aus fahren wir Richtung Hessen. Unser erster Halt, der Blaue Aff in Bensheim.Eine absolute Institution und für uns nach langer Fahrt der perfekte Ort, um einzukehren. 


Handkäs mit Musik gilt als der Hessische Klassiker und muss natürlich probiert werden.Dazu gibts den Riesling trocken “Win Win” vom Weingut Winning. Das Weingut Winning liegt in Deidesheim und steht ebenfalls auf unserer “To-Drink” Liste. Für die nächsten Tage sind wir im Weingut Liebfrauenstift in Worms untergebracht und fahren von dort unterschiedliche Weingüter an. 


The next day starten wir nach ausgiebigem Frühstück Richtung Deidesheim. Genauer gesagt eigentlich nach Neustadt an der Weinstraße und finden uns bei Peter Stolleis zur ersten Weinprobe ein.  

Im Garten bei schönem Sonnenschein schmeckt uns der Ruppertsberger Nußbien 2019er Riesling besonders gut. Er hat ordentlich Volumen, eine unheimliche Geschmacksexplosion die man mit dieser Flasche öffnet, trotzdem hat der Wein eine Leichtigkeit und es macht einfach Spaß, ihn zu trinken. 



Von diesem Riesling und unserem Favoriten, dem Chardonnay UNIKAT R 2018 packen wir ein paar Flasche ein. Wir möchten diesen schönen Geschmack Zuhause mit unseren Freunden teilen und nacherleben. 


Beim Weingut Andres stoppen wir vor unserem Lunch noch auf einen kleinen Schluck. Uns fällt sofort ein Unterschied zu den Stolleis Weinen auf. Die Söhne, die das Weingut von ihren Eltern 2015 übernahmen, legen ihren Fokus auf Mineralität. Sie sehen den Schlüssel zu außergewöhnlicher Qualität im Zusammenspiel aus ökologischem Umgang mit der Natur, viel Handarbeit und traditonionsbewusstem Umgang.


Ich merke schnell. Mir sind die Weine zu mineralisch, etwas zu säurehaltig, man könnte sagen - zu frisch. Trotzdem kann ich sie mir gut zu einem knackigen Spargel vorstellen. 


Zum Lunch oder wie man in Rheinhessen wohl auch sagt, zur Mahlzeit, haben wir einen Tisch im Deidesheimer Hof. Nachdem beispielsweise Helmut Kohl dem “Pfälzer Saumagen” Bekanntheit verschaffte, ist natürlich für uns ganz klar, den bestellen wir auch. Keine Sorge, natürlich gibt es auch weiterer Klassiker auf der Karte, die weniger “speziell” empfunden werden können. 


Vom Deidesheimer Hof schlendern wir die Straße rüber zu Bassermann Jordan. Wir haben richtig Glück und bekommen noch eine Forster Ungeheuer Riesling Auslese von 2018. Die Flasche kann man wunderbar auch noch ein paar Jahre liegen lassen. Aber besser im eigenen Weinkeller lagern, als nicht haben. Otto von Bismarck sagte über einen Wein aus dieser Lage: “Dies Ungeheuer schmeckt mir ungeheuerlich!”.


Das Forster Ungeheuer ist eine Vorzeigelage für die edelsüße Auslesen. Die Trauben für Auslesen werden hoch reif geerntet und streng nachselktiert, das heißt, dass nur hochreife und sogar schon leicht von Botytris befallene Beeren benutzt wurden, um diesen Wein herzustellen. Das Ungeheuer schmeckt nach Pfirsich, Feige, Bergamotte und vielleicht ein bisschen Orangenzeste. Der Wein eignet sich wunderbar als Aperitif oder Dessertwein. Er spielt mit Süße, ist trotzdem sehr klar im Geschmack, elegant und überrascht mit Frische. 


Die größte Überraschung verschaffte uns der Grauburgunder “S” Orange.

Die Böden der Grauburgunder Lagen sind von Buntsandstein mit hohem Kalkanteil geprägt. Grauburgunder sind kräftiger und würziger als Weißburgunder, weil er kombiniert wird mit der rötlichen Beerenhaut. Daher sticht auch die orangene Farbe ins Auge. Der Wein schmeckt nach Côte d’Azur, Birne, Pfirsich und Frische. Vielleicht Minze. 


Der Wein könnte zum ersten Gang unseres geplanten Abendessens passen. 

Schön leicht, nicht zu viel vorwegnehmend, eher ankündigend, dass noch was kommt. 


Denn Felix kocht für uns... 


Als Gruß aus der Küche gibt es ein Zucchini Lachs Tatar und den Bassermann-Jordan Grauburgunder “S” Orange

Zu Rinderfiletspitzen mit knackigen Bohnen trinken wir den 2018 Wehlener Sonnenuhr Riesling Kabinett von JJPrüm


Unsere Dessert Kreation zerfließt.. 

Es gibt frische Erdbeeren mit selbstgemachtem Salz-Karamell Eis und Krokant. 

Die 2003 Wehlener Sonnenuhr Auslese von JJPrüm passt perfekt dazu und es gibt auf jeden Fall nochmal Nachschlag.




Mit vollem Bauch und des Weines selig fallen wir ins Bett und freuen uns auf den nächsten Tag.


Bevor es noch an die Mosel geht fahren wir bei den Weingütern Seehof, Hirschhof und Weingut Kissinger vorbei. Der 2018er Spätburgunder trocken vom Weingut Hirschhof wird auf jeden Fall zum Rehrücken im Herbst getrunken. 


Vom Seehof, einem ebenfalls Familienbetriebenen Weingut packen wir auch noch ein paar Flaschen Spätburgunder “Derby” aus der Westhofener Steingrube ein. Der Rotwein reift 15 Monate im kleinen Eichenholzfass und ist kraftvoll würzig und dennoch feinfruchtig. 


Da es aufm Weg liegt und uns von Freunden aus der Freundschaft wärmstens empfohlen wurde, fahren wir noch beim Weingut Kissinger vorbei. 

Wir kommen genau zum richtigen Zeitpunkt und treffen auf Moritz Kissinger persönlich, der mit uns probiert. 

Wir gurgeln und spucken uns schnell durch die Ortslagen, Gutslagen und Lagenweine durch.Das absolute Highlight kommt dann erst noch.


Moritz hat seinen ersten Wein abgefüllt. Ein 2018 Chardonnay. Er schmeckt wild, würzig. Hat eine präzise leichte Säure und ist dennoch dicht und stillsicher. Moritz erzählt, wie er seinen Vater jahrelang unterstützt hat und sich nun über die Freiheit freut, mit eigenem  Verschnitt auszuprobieren und seine Vorstellung von Wein abzufüllen. 


“Davon hätten wir gern ein Glas, das niemals leer wird.”


Zu guter letzt besuchen wir noch Dr.Katharina Prüm an der Mosel. Sie erzählt uns, welche Prozesse und Gedanken Sie gerade rund um das Weingut Joh. Jos. Prüm beschäftigen. 

Auch hier ist Corona nicht ganz unbemerkt geblieben. Die Gastronomie, die Hauptabnehmer der Weine ist, hat viele Bestellungen erstmal “onhold” gesetzt. Doch wird man erfinderisch. 


So berichtet Sie von Wine Tastings per Zoom Meeting und wie selbst ihr Vater sich per Bildschirm dazu schaltet. Ein internationales Meeting, es wird immer noch viel entkorkt, gespuckt und gegurgelt. Aber sind wir mal ehrlich, gespuckt wird eigentlich nicht…


Die Gläser leer, doch mit vollem Kofferraum fahren wir selig zurück nach Berlin...



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